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Studie der TU Dortmund und der Universität Duisburg-Essen:

Neue Per­spek­tiven zur Di­gi­ta­li­sie­rung im Ener­gie­sek­tor

Portaits Prof. Christian Rehtanz, Prof. Christian Wietfeld, Prof. Christoph Weber © Roland Baege, Felix Schmale​​/​​TU Dort­mund, Preuss​​/​​UDE
Wie geht es weiter mit der Energieversorgung in Deutsch­land? Dazu haben Prof. Christian Rehtanz und Prof. Christian Wietfeld, beide von der Fa­kul­tät für Elek­tro­tech­nik und In­for­ma­tions­tech­nik der TU Dort­mund, dem NRW-Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um ge­mein­sam mit Prof. Christoph Weber von der Uni­ver­si­tät Duisburg-Essen (UDE) eine vorläufige Un­ter­su­chung zum aktuellen Stand der Di­gi­ta­li­sie­rung im Ener­gie­sek­tor samt Ausblick auf zukünftige Forschungs- und Ent­wick­lungs­ak­ti­vi­tä­ten vorgelegt.

Mit der Studie schlossen die drei Experten das landesgeförderte Projekt Digital.EST ab. Es entstand im UA Ruhr-Kompetenzfeld EST – Energie-System-Trans­for­ma­tion – und ist ein erstes konkretes Ergebnis dieses Zusammenschlusses.

Längst haben sich die Stromkunden daran gewöhnt, dass elektrische Energie jederzeit sicher und aus­rei­chend zur Ver­fü­gung steht. Dabei wer­den Erzeugung und Verteilung immer komplexer: Waren bislang Großkraftwerke die Garanten für eine sichere Energieversorgung, gibt es im Rah­men der Energie­wende immer mehr dezentrale Erzeuger, die häufig wegen des Wetters un­re­gel­mä­ßig Energie ins Netz ein­spei­sen. Der immer aufwändigeren Ver­sor­gung stehen im Gegenzug mehr technische Mög­lich­keiten – dank der Di­gi­ta­li­sie­rung und neuer Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­ni­ken wie 5G – zur Ver­fü­gung, um die Ener­gie­er­zeu­gung und -verteilung stärker zu digitalisieren. Bislang ist hier immer noch sehr viel „Hand­ar­beit“ gefragt.

Mehr Vernetzung nötig

Die drei Pro­fes­soren haben daher dem Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um eine Forschungs- und In­no­va­ti­ons­road­map für NRW im Bereich der Di­gi­ta­li­sie­rung sowie der Informations- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik für die Energiesysteme vorgelegt. Ein Ergebnis der Studie: Informations- und Kom­mu­ni­ka­tions­tech­no­lo­gi­en (IKT) und Ener­gie­wirt­schaft, Industrie und For­schung müssen stärker vernetzt wer­den. „Es zeigt sich, dass es bereits sehr viele gute Einzellösungen gibt, deren Potenzial aber erst im Zu­sam­men­wir­ken voll zur Geltung kommen kann“, meint Netzexperte Prof. Rehtanz. „Viele Akteure sind nach wie vor auf un­ter­schied­lichen Sternen unterwegs.“

Ein Beispiel ist die Elektromobilität: Bislang sind E-Fahrzeuge nur Verbraucher, die Strom aus dem Netz ziehen. Häufig müssen dafür Stromleitungen und Um­spann­sta­ti­o­nen ver­stärkt wer­den. Wenn aber E-Fahrzeuge nicht mehr nur am Kabel hängen, sondern induktiv geladen wer­den und damit ständig im Stromnetz eingebunden sind, könnten ih­re Batterien auch als Puffer bei Schwankungen in der Strom­er­zeu­gung dienen. Das alles müsste voll­au­to­ma­ti­siert – digital – laufen. Grundlage dafür ist Information, sind Daten.

Datenbasierte Lö­sun­gen

„Daten sind bekanntlich das neue Gold“, sagt Kommunikationsexperte Prof. Christian Wietfeld. Gemeinsame Datenplattformen für Ex­peri­men­tal­da­ten müssten für die Akteure nutzbar ge­macht wer­den, empfehlen die Pro­fes­soren. Daten aus Pilotprojekten für bei­spiels­weise neue Netztechnologien oder Wasserstoff sollten ge­mein­sam gesammelt und an Akteure aus For­schung, Start-ups, kommunalen Un­ter­neh­men und wei­tere In­te­res­sier­te bereitgestellt wer­den. Damit könnten diese Partner neue da­ten­ba­sier­te Lö­sun­gen schnell entwickeln und direkt mit Praxisdaten testen. Ergebnis würde die Hoch­au­to­ma­ti­sie­rung des zukünftigen Energiesystems sein, das so mit allen dezentralen Anlagen, E-Mo­bi­li­tät, Speichern und anderen Komponenten sicher betrieben wer­den kann.

Neben der reinen phy­si­ka­lischen Strom­ver­sor­gung könnten dann auch noch die be­triebs­wirt­schaft­li­chen Aspekte der Energieversorgung sicher abgebildet wer­den, ein Gebiet, das Prof. Christoph Weber von der UDE betreut. Die drei Forscher sehen ins­ge­samt in NRW, der traditionellen „Energieherzkammer Deutsch­lands“, ein immenses Potenzial für In­no­va­ti­on. Sie hoffen, mit ihrer Studie den Anstoß für Pi­lot­pro­jek­te geben zu kön­nen, um die Po­ten­ziale des Landes zu heben.

Vor­trag von Prof. Christian Rehtanz zur Studie

Abschlussbericht der Studie